Diözese Graz-Seckau

 
Chancen der "Wiedervereinigung Europas"

Wortlaut der Presseerklärung der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz von 19. bis 21. März 2002 in Götzis

Europa
Die "Wiedervereinigung Europas" geht mit der bevorstehenden Aufnahme neuer Kandidatenländer in die Europäische Union in eine entscheidende Phase. Diese "Wiedervereinigung" muß in erster Linie als historische Notwendigkeit und als große Chance gesehen werden - gerade für ein Land wie Österreich, das im Herzen des Kontinents liegt. Die Zukunftschancen, die sich für Europa durch eine solche "Wiedervereinigung" ergeben, haben nach unserer Überzeugung mehr Gewicht als die damit verbundenen Probleme. Wir nehmen diese Probleme und die damit verbundenen Sorgen vieler Menschen selbstverständlich ernst und wollen nach Kräften zu ihrer Verminderung beitragen.
Wir Bischöfe appellieren an die Verantwortungsträger in unserem Land, aber auch an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, die "Wiedervereinigung Europas" zu ihrer Herzenssache zu machen. Es liegt an uns allen, daß die Menschen das neue Europa als Heimat empfinden und nicht als anonymen Apparat oder als Labyrinth.
Wenn Europa Heimat sein soll, dann braucht das gemeinsame europäische Haus nicht nur eine gemeinsame Währung, sondern auch eine Seele. In diesem Zusammenhang stellen wir mit Bedauern fest, daß die Glaubensgemeinschaften in die Arbeiten des neuen EU-Konvents - dessen Ziel ja die Erarbeitung einer europäischen Verfassung ist - nicht in ausreichendem Maß einbezogen sind. Papst Johannes Paul II. hat in diesem Zusammenhang von einer "Ungerechtigkeit" und einer "Fehleinschätzung" gesprochen. Denn die Religionen haben ihren Beitrag zu jener Kultur und jenem Humanismus geleistet, auf die Europa stolz ist - und sie leisten ihn immer noch.
Ein krasses Beispiel der von Papst Johannes Paul II. beschriebenen "Fehleinschätzung" ist der jüngste Bericht des Europäischen Parlaments über "Frauen und Fundamentalismus". Der Bericht suggeriert eine Nähe der Kirchen zum Fundamentalismus und leitet daraus einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Religion und individuellen Grundrechten ab. Zugleich spricht der Bericht den Kirchen das in den meisten Mitgliedsstaaten der EU geltende Recht ab, die Gesellschaft in positiver Weise mitzugestalten. Ohne diese Meinungsäußerung einer ganz knappen Mehrheit im Europäischen Parlament überbewerten zu wollen, sehen wir darin doch eine Einstellung, die einer modernen Konzeption des Verhältnisses von Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften und Staat widerspricht.

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