Diözese St. Pölten

 
"Von Mariazell geht eine Hoffnung aus, die ganz Europa erfasst"

Empfang von Bundespräsident Klestil zu Ehren von Kardinal-Legat Sodano in Gösing - Präsidenten von Tschechien, Ungarn und Bosnien nahmen teil - Sodano: "Europa muss seine Seele wieder entdecken"(Kathpress, 22.05.04)

Die politische Bedeutung der "Wallfahrt der Völker" wurde bei einem Empfang im "Alpenhotel" Gösing unterstrichen, den Bundespräsident Thomas Klestil am Freitagabend zu Ehren von Kardinal-Legat Angelo Sodano gab. An dem Empfang nahmen auch der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus, der ungarische Staatschef Ferenc Madl und das Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums Dragan Covic teil. Sodano überbrachte den anwesenden Staatschefs die Grüße von Papst Johannes Paul II. Wörtlich sagte der Kardinal-Legat: "Der Papst wäre heute gern mit Ihnen zusammen. Aber er ist nicht so jung wie Sie, er ist jetzt 84 und trägt weiterhin die Last der Verantwortung des Pontifikats".

Bei der "Wallfahrt der Völker" in Mariazell gehe es darum, die christlichen Werte zu betonen, die "Grundlage der historischen Identität Europas" sind, sagte Sodano. Die mitteleuropäischen Länder sollten dem Kontinent helfen, seine Seele wieder zu entdecken: "Das ist die Hoffnung, die von Mariazell aus den ganz Europa erfassen soll". Zweifellos sei Europa ein Projekt, das "Schritt für Schritt" verwirklicht werden müsse; zugleich sei Europa aber auch eine "geschichtliche Realität", die den "Anstrengungen außerordentlicher Menschen" zu verdanken sei. Europa sei nicht eine bloße geographische Gegebenheit, unterstrich der Kardinal-Legat, es sei eine kulturelle Realität und eine religiöse Realität, die in besonderem Maß durch das Kreuz Christi geprägt ist. Angesichts der Herausforderungen von heute rufe der Mitteleuropäische Katholikentag in Erinnerung, dass Christus
die Hoffnung Europas ist, betonte Sodano.

Der Kardinal erinnerte an die pessimistische These Oswald Spenglers vom "Untergang des Abendlandes". Andere Wissenschaftler wie Arnold Toynbee hätten sich gegen diese These gewandt. Auch Toynbee sei der Meinung gewesen, dass Europa wegen der Vergötzung des technischen Fortschritts, der Nation, des Militarismus und des Säkularismus in eine Krise geraten war. Aber er habe zugleich festgestellt, dass Heilung möglich sei, wenn in der westlichen Kultur der Wert der Religion wieder erkannt wird. In Mitteleuropa sei dieser Prozess derzeit im Gang, unterstrich der Kardinal-Staatssekretär.

Bundespräsident Thomas Klestil erinnerte seinerseits an die Verantwortung der EU für jene, die (noch) nicht Mitglieder der Union sind. "Wir dürfen nicht vergessen, dass Europa keineswegs an den Außengrenzen der erweiterten Union endet. Wir müssen den vielen Menschen im Osten und Südosten unseres Kontinents selbst dann eine europäische Perspektive geben, wenn für sie die Aufnahme in die EU noch in weiter Ferne liegen mag", betonte Klestil. Die "Wallfahrt der Völker" bezeichnete Klestil als "kirchlichen Willkommensgruß für die neuen Mitgliedsländer der Europäischen Union aus unserer Nachbarschaft". Es gehe um "Danksagung für die Verwirklichung der so lang ersehnten friedlichen Wiedervereinigung Europas". Papst Johannes Paul II. habe stets die feste Überzeugung vertreten, dass der europäische Einigungsprozess sowohl den Osten wie den Westen des Kontinents umfassen müsse, "jene beiden Lungen, ohne die Europa nicht atmen kann". Österreich solle - so der Papst bei seinem letzten Besuch 1998 - Europa helfen, dass es auch "Seele" bekomme.

Die Anwesenheit der anderen Staatsoberhäupter in Gösing sei ein "deutliches Signal" dafür, dass "nationaler Ungeist nie wieder Raum gewinnt", betonte der Bundespräsident. Entscheidend für die Realisierung des "Friedensprojekts Europa" werde sein, dass "auch in den Köpfen und Herzen der Menschen" eine Versöhnung nach schuldhaften Taten erfolge. Denn insbesondere im mitteleuropäischen Raum habe man einander "viel Leid zugefügt". Viel zur Bewältigung dieser "historischen Lasten" könnten die Kirchen mit ihrer "spirituellen Kraft" leisten.

Österreich verbinde mit seinen Nachbarn nicht nur das Bewusstsein einer tief in die Geschichte zurückreichenden Zusammengehörigkeit, sondern auch das prägende Erbe des Christentums, erinnerte Klestil: "Daher ist es wichtig, dass wir uns heute gerade hier in Mariazell treffen. Denn das traditionsreiche Wallfahrtsheiligtum zur Mutter Gottes in Mariazell hat seit Jahrhunderten über Österreich hinaus eine besondere Strahlkraft auf unsere Nachbarländer ausgeübt". Außer den Präsidenten und Kardinal Sodano nahmen u.a. auch die Diözesanbischöfe Egon Kapellari (Graz) und Kurt Krenn (St. Pölten) sowie Vizekanzler Hubert Gorbach an dem Empfang in Gösing teil.

 

   

Seele Europas
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Europäische Identität
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Schlussbotschaft
von der "Wallfahrt der Völker"
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