Druckansicht Wednesday 15. December 2010

EU-Bischöfe pilgern nach Santiago de Compostela

Wallfahrt und Konferenz zu Europa-Fragen vom 17. bis 24. April im Blick auf die bevorstehende Erweiterung der Union - Bischof Kapellari führt Österreich-Delegation an (Kathpress, 14.4.04)

Im Blick auf die bevorstehende Erweiterung der EU veranstaltet die Kommission der Bischofskonferenzen des EU-Raumes (ComECE) eine Wallfahrt in den spanischen Pilgerort Santiago de Compostela. Von Samstag, 17. April, an wird eine Reihe von Bischöfen zusammen mit rund 300 Pilgern aus 25 verschiedenen Ländern dem Jahrhunderte alten Jakobsweg folgen, teilweise mit Bus, teilweise zu Fuß. Der österreichische "Europa-Bischof" Egon Kapellari (Graz) wird eine siebenköpfige Pilgerdelegation aus Österreich anführen, unter ihnen die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Luitgard Derschmidt, und der Europa-Beauftragte der Österreichischen Bischofskonferenz, Diakon Franz Eckert.

Nach der Ankunft in Santiago werden die Bischöfe ab Mittwoch, 21. April, einen Kongress zum Thema "Die Europäische Union: Hoffnung und Verantwortung. Die Entwicklung des vereinten Europa aus theologischer Perspektive" abhalten.

Redner des Kongresses werden Kardinal Antonio Rouco Varela, Erzbischof von Madrid, der ComECE-Vizepräsident Erzbischof Hippolyte Simon (Clermont-Ferrand) und der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, sein. Die Veranstaltungen werden mit der Frühjahrsvollversammlung der ComECE am 23./24. April abgeschlossen, zu der die delegierten Bischöfe der neuen EU-Mitgliedsstaaten erstmals als Vollmitglieder eingeladen sind (sie waren bisher assoziierte Mitglieder). Die Hauptthemen des Programms der Bischöfe werden die Regierungskonferenz über den EU-Verfassungsvertrag, die Wahlen zum Europäischen Parlament vom 10. bis zum 13. Juni und die Verhandlungen über den EU-Haushaltsrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 sein.

Video-Botschaft von Romano Prodi

Bei der Wallfahrt wird jeder Tag mit einer Eucharistiefeier begonnen. Ausgangspunkt ist Santo Domingo de Silos. Für den Abend eines jeden Tages sind eine ökumenische Vesper und anschließend eine Begegnung mit einer Persönlichkeit des politischen Lebens in Europa vorgesehen, so die Pressemitteilung der ComECE. Zu den Zelebranten bzw. Rednern zählen Bischof Athanasios, Repräsentant der orthodoxen Kirche von Griechenland bei den EU-Institutionen in Brüssel, der spanische
anglikanische Bischof Carlos Lopez Lozano, der finnische lutherische Bischof Erik Vikström, der Apostolische Nuntius in Spanien, Erzbischof Manuel Monteiro de Castro, der Budapester Erzbischof, Kardinal Peter Erdö, sowie die Bischöfe Josef Homeyer (Hildesheim) und Adrianus van Luyn (Rotterdam), Präsident bzw. Vizepräsident der ComECE.

Von politischer Seite sind die Gesprächspartner Mary Hanfin, Staatsministerin beim irischen Ministerpräsidenten als Vertreterin der Irischen Präsidentschaft der Europäischen Union, Inigo Mendez de Vigo, Mitglied des Europäischen Parlaments und Präsidiumsmitglied des Europäischen Konvents, Alojz Peterle, früherer slowenischer Ministerpräsident und ehemaliges Präsidiumsmitglied des Europäischen Konvents. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi wird sich in einer Video-Botschaft an die Pilger wenden. Der Fernsehsender France 2 wird am Sonntag, 18. April, die Messe live aus der Kathedrale von Burgos übertragen.

Der irische Premierminister Bertie Ahern, amtierender Präsident des Europäischen Rates im 1. Halbjahr 2004, der Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, und EU-Kommissionspräsident Prodi haben die Initiative der Bischöfe für eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela ausdrücklich unterstützt.

"Geistlich-religiöse Dimension vertiefen"

In ihrer Einladung zu diesem Pilgerweg hielten die Bischöfe fest, das Jahr 2004 werde ein "bedeutender Einschnitt in der Geschichte der EU und Europas" sein. Auch die Kirche, die in allen europäischen Nationen zu Hause ist, habe ihren Beitrag zum Gelingen der jetzigen Erweiterung der Union geleistet. "Der bevorstehende Eintritt der Nationen Mittel- und Südeuropas in die Europäische Union erfüllt uns mit großer Freude und Zuversicht", so die Bischofskonferenzen. Für jene europäischen Staaten, die der EU jetzt noch nicht beitreten können, sei der Weg zum Beitritt ebenfalls vorgezeichnet.

"Zugleich denken wir an jene, die der neuen Phase der europäischen Geschichte mit Sorge vor dem Unbekannten und Ungewissen entgegensehen. Wir sind deshalb überzeugt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, um die geistlich-religiöse Dimension in Europa erneut zu vertiefen", betonten die Bischöfe. Denn "wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut", zitierten sie den Psalm 127.

Auftrag Ökumene

Mit der Wallfahrt zum Grab des heiligen Apostels Jakobus wolle man Dankbarkeit und Hoffnung bezeugen: "Wir hoffen, dass viele Europäer sich ebenfalls auf den Weg nach Santiago oder zu anderen Wallfahrtsorten machen und sich so mit uns verbinden". Mit dem Herannahen der politischen Einigung Europas würden auch die ökumenischen Herausforderungen noch deutlicher spürbar. Es sei deshalb "Herzenswunsch" der katholischen Bischöfe gewesen, dass sie Vertreter anderer Konfessionen auf dem Weg nach Santiago begleiten: "Die politische Einheit Europas ruft nach einer immer engeren Weggemeinschaft seiner spirituellen und religiösen Kräfte".

2004 ist in Santiago "Heiliges Jahr"

Die Einladung zu den Veranstaltungen in Santiago de Compostela ging vom dortigen Erzbischof Julian Barrio Barrio aus. In Santiago de Compostela wird seit dem 9. Jahrhundert der Apostel Jakobus verehrt.
Um das Jahr 830 war das Grab mit den mutmaßlichen Gebeinen des Apostels Jakobus des Älteren gefunden worden. König Alfons III. der Große von Asturien ließ 896 über der Fundstätte eine Basilika errichten. Es entstanden verschiedene Pilgerstraßen durch Frankreich, Spanien und Portugal nach Santiago de Compostela, die zugleich wichtige Handelsstraßen waren und wesentlich zur Vermittlung und Verbreitung nicht nur des christlich-kulturellen Geistesgutes, sondern auch der Architektur und Skulptur beitrugen. Bereits im 12. Jahrhundert überzog ein dichtes Netz von Pilgerwegen Süd- und Mitteleuropa. Ein Kommunikationsnetz von großer geistesgeschichtlicher Bedeutung breitete sich bald über ganz Europa aus.

Seit Papst Calixtus II. (1119-1124) gelten in Santiago de Compostela Jahre, in denen der 25. Juli (Fest des heiligen Jakobus) auf einen Sonntag fällt, als Heilige Jahre. Das Jahr 2004 ist ein solches "Heiliges Jahr".

Die (Fuß)Wallfahrt nach Santiago de Compostela hat in der vergangenen Jahren eine ungeahnte Renaissance erlebt. Zehntausende Menschen - unter ihnen viele Jugendliche - pilgern jährlich an den Ort im spanischen Galicien. Santiago gehört daher auch heute zu den größten Wallfahrtsorten der Christenheit.


© Mitteleuropäischer Katholikentag 2004